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Predigt zum 22. Sonntag nach Pfingsten (2025) über die Heilung des Gadarener Besessenen

Lk 8:26-38

Roman Bannack, Priester | Zugriffe: 9

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, heute haben wir eine der eindrücklichsten Stellen im Evangelium gehört – von dem Mann, in dem eine „Legion“ von Dämonen wohnte. Dieser Ort zeigt besonders deutlich die unsichtbare geistliche Realität – und den Zusammenprall von Licht und Finsternis, Gott und den bösen Geistern, Wahrheit und Wahnsinn.

Wenn wir die gesamte Heilige Schrift als Ganzes betrachten, dann bemerken wir etwas Erstaunliches: Im Alten Testament kommt das Wort „Dämon“ nur wenige Male vor – und jedes Mal im Zusammenhang mit Götzendienst. „Sie opferten den Dämonen und nicht Gott“, sagt zum Beispiel der Prophet Mose (Dtn 32,17). Aber in den Evangelien werden Dämonen bereits Dutzende Male erwähnt.

Warum ist das so? Was hat sich seit alter Zeit verändert? Es ist der Einfall heidnischer Glaubensvorstellungen in Israel. Nachdem Alexander der Große Israel eingenommen hatte, verbreitete sich ein heidnischer Glaube griechischer Prägung unter den Israeliten. Danach nahm das heidnische Römische Reich Israel ein. Überall begannen heidnische Tempel und Kultstätten zu erscheinen, und ein gewisser Teil der Israeliten begegnete dieser neuen Realität durchaus wohlwollend, hieß sogar neue Gottheiten in seiner Mitte willkommen. Aber die gesetzestreuen Juden und die frühen Christen hielten diese Gottheiten zu Recht für Dämonen, wie schon Mose gesagt hatte. Und was wir in den Evangelien sehen, ist das Offenbarwerden jener Wahrheit, von der im Psalm gesagt wird: „Alle Götter der Völker sind Dämonen“ (Ps 95,5 LXX).

Mit Christus wird alles Verborgene offenbar: In diese Finsternis ergießt sich das Licht. Wo Christus wirkt, kann nichts Unreines im Verborgenen bleiben.

Als der Herr in die Gegend der Gadarener kommt, betritt Er einen Ort, an dem die Menschen sich längst mit diesem Halbdunkel abgefunden haben. Dort weiden sie Schweine, was für Juden undenkbar war, und leben tatsächlich in Gräbern, und die Menschen, die diese Orte bevölkerten, waren Heiden. Aber auch dorthin kommt der Herr – nicht um zu richten, sondern um zu retten. Genau dieses Szenario hatte der Prophet Jesaja schon einige Jahrhunderte zuvor beschrieben, wo Gott spricht: „Ich ließ mich finden von denen, die nicht nach mir fragten; … ‚Hier bin ich, hier bin ich!‘, rief ich einem Volk zu, das nicht nach meinem Namen gerufen war … einem Volk, das mich ständig beleidigt (…), das in den Gärten Opfer darbringt (…), das in Gräbern sitzt und in Höhlen übernachtet (und) Schweinefleisch isst“ (Jes 65,1-5).

Der Erste, der Ihn dort in dieser düsteren Umgebung erkennt, ist ausgerechnet der von Dämonen besessene Mann. Unter der dicken Schicht Finsternis glimmt in ihm immer noch das Ebenbild Gottes. Selbst die Legion von Dämonen ist gezwungen anzuerkennen: „Du bist der Sohn des lebendigen Gottes!“ Christus streitet nicht mit ihnen, diskutiert nicht. Ein einziges Wort von Ihm – und die Legion verschwindet. Die Dämonen bitten um die Erlaubnis, in die Herde Schweine zu fahren, und Christus erlaubt es. Warum? Weil der Herr zeigt, dass selbst die bösen Geister, die Feinde Gottes, nicht ohne Gottes Zulassung handeln können.

Doch da ist eine andere Bitte – die des bereits Geheilten. Er fleht: „Erlaube mir, bei Dir zu sein!“ – und Christus erfüllt ihm diese Bitte, so scheint es, nicht. Er nimmt ihn nicht mit Sich. Warum? Weil diesem Mann, einem ehemaligen Heiden, nun etwas anderes aufgetragen ist: „Kehre in dein Haus zurück und erzähle, was Gott dir getan hat.“ So kam erstmals in der Geschichte der Menschheit, lange vor dem Apostel Paulus, die Predigt von Christus zu den Heiden. Der, den alle mieden, wird zum Zeugen. Der, der unter Toten lebte, verkündet den lebendigen Gott.

Aber die Dämonen – das sind nicht nur die Geister der Vorzeit. Das sind jene Mächte, die auch heute von den Menschen Besitz ergreifen: Zorn, Bosheit, Angst, Verhärtung, Schwermut. Doch in jedem, selbst im Gefallendsten, ist immer noch ein Ort, in den Christus eintreten kann. Und darum steht es uns nicht zu, zu richten, sondern zu beten – dass der Herr sowohl uns als auch ihnen Heilung schenke.

Möge das Licht Christi jene Winkel unserer Seele erleuchten, in denen noch Finsternis herrscht, wo wir uns selbst fürchten, die Wahrheit über uns zu sehen, wo wir, ohne es zu bemerken, unseren Götzen Opfer darbringen. Möge der Heiland uns nicht nur die Freiheit vom Bösen schenken, sondern auch die Kraft, von Seiner Barmherzigkeit zu zeugen – dort, wo unsere Nächsten leben, in unseren Häusern und in unseren Herzen. Amen.

Geschrieben von Roman Bannack, Priester