Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes! Christus ist auferstanden!
Heute hören wir im Evangelium die Erzählung von der Begegnung des Erlösers mit der samaritischen Frau am Jakobsbrunnen. Dieses Gespräch ereignet sich auf den ersten Blick zufällig, doch es wird zu dem Moment, in dem eine große Wahrheit offenbart wird: Gott spricht mit dem Menschen nicht, um ihn zu verurteilen, sondern um ihn zum Leben zu rufen.
Samaria war das Land des ehemaligen Nordreichs Israel. Nach seiner Eroberung durch fremde Völker und der Vermischung der Bevölkerungen hatten sich der Glaube und die Bräuche der dort lebenden Nachkommen der Israeliten stark verändert und auch heidnische Elemente aufgenommen. Daher betrachteten die orthodoxen Juden die Samariter als Abtrünnige, als Fremde und Unreine. Doch gerade in diesem Land, in der Fremde, ereignet sich die Begegnung, von der das Evangelium berichtet.
Die Frau kommt zur Mittagszeit zum Brunnen – zu einer Stunde, in der wegen der Hitze normalerweise niemand hinausgeht. Vielleicht trieb sie etwas von den Menschen fort – die Scham, oder weil sie der verurteilenden Blicke überdrüssig war.
In ihrer Begegnung mit dem Heiland sehen wir ein erstaunliches Beispiel dafür, wie Menschen manchmal aneinander vorbeireden können. Sie spricht von gewöhnlichem Wasser, Er von lebendigem Wasser. Sie redet über den Streit der Vorfahren über den Ort der Anbetung, Er über die Anbetung im Geist und in der Wahrheit. Sie versucht, das Gespräch im Rahmen gewohnter religiöser Themen zu halten und scheint sogar theologisch zu argumentieren – doch der Glaube bleibt für sie etwas Abstraktes, Äußerliches. Das erinnert daran, wie auch wir manchmal über Gebete, Riten und Fasten sprechen – wir diskutieren, welche Worte man verwenden soll, wie man sich richtig verneigt, was an welchem Tag erlaubt ist – doch unser Herz ist mit ganz anderen Dingen beschäftigt: mit weltlichen Sorgen, mit Eitelkeiten, mit der Suche nach Bequemlichkeit oder Vorteil. Auch wir verstehen es ja, so über den Glauben zu reden, und tragen dabei eine Maske daraus, was uns fromm erscheint – und vermeiden das Gespräch mit Gott, weil vor Ihm keine frommen Masken bestehen können.
Der Herr offenbart der Frau die Wahrheit über ihr persönliches Leben. Und da beginnt die Samariterin zu spüren, dass in dem Menschen, dem sie begegnet ist, etwas Besonderes ist, dass Er vielleicht ein Prophet ist. Doch beachten wir, dass dieses Verständnis bei ihr nicht im Gespräch über den Glauben oder die religiöse Praxis entsteht, sondern bei einem ehrlichen Blick auf sich selbst.
Die Samariterin, als sie bereits ahnte, mit wem sie sprach, war nicht etwa erschrocken, dass Christus alles über sie wusste. Und Er wiederum tadelte oder verwarf sie nicht, trotz ihres sündhaften Lebens. Zum ersten Mal sieht die Frau sich selbst ehrlich – und geht trotzdem nicht weg. Sie rechtfertigt sich nicht, tut nicht so, als wäre alles in Ordnung. Und damit beginnt ihre Verwandlung.
Im Evangelium erfahren wir nicht den Namen der Samariterin. Doch in der kirchlichen Überlieferung ist ihr Gedächtnis seit alters bewahrt. Sie hieß Photina, oder in unserer Sprache: Swetlana. Später wurde sie eine Nachfolgerin Christi, predigte das Evangelium und erlitt das Martyrium.
Von ihr können wir lernen, was wahre Beichte vor Gott bedeutet! Nur wenn wir wahrhaftig sind, wenn wir uns ohne Heuchelei und aufrichtig so sehen, wie wir wirklich sind – mit all unseren Schwächen, Fehlern und Sünden –, dann können wir die göttliche Wahrheit berühren.
Und wenn auch wir dieses geistliche Wasser empfangen wollen, um „niemals mehr Durst zu haben“ (Joh 4:14), müssen wir Gott in unserem persönlichen Leben suchen und finden. Dieses Wasser kann man nicht kaufen, es wird nirgends verkauft, wie der Prophet Jesaja bereits verkündet hat: „Auf, ihr Durstigen, alle, kommt zum Wasser! Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch!“ (Jes 55:1).
Auch ist es nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk oder einer Tradition, die rettet, sondern das aufrichtige Streben nach der Wahrheit, nach Christus. Darüber hörten wir heute auch in der Apostelgeschichte: Die Apostel, die aus Judäa vertrieben wurden, tragen die frohe Botschaft weiter, und sogar Heiden in Antiochia nehmen sie freudig an. Gerade dort, in dieser gemischten Umgebung, erhalten die Jünger zum ersten Mal den Namen „Christen“. Wie einst Christus selbst in Samaria, so gehen auch Seine Jünger zu den Fremden – und dort erwacht und blüht der Glaube, was zeigt, dass die Gnade Gottes keine Grenzen kennt.
Möge Gott, der uns durchschaut und Herz und Nieren prüft (vgl. Jes 11:20), den wir mit keiner Heuchelei blenden können, uns lehren, Ihn aufrichtig zu suchen, ohne Vorwand, und uns das Wasser des Lebens schenken. Amen.
Christus ist auferstanden!