Die Gemeindemitglieder erinnern sich daran, dass vor gerade 5-6 Jahren die Kirche dringender Erneuerungsarbeiten bedurfte – die Farbe an der Decke war von Schimmelpilz zerfressen, die Ikonostase vollkommen dunkel geworden von den Jahren und dem Ruß der Kerzen. Aber nach und nach wurden die Arbeiten durch Spendengelder in Angriff genommen.

Erst wurde die Decke instand gesetzt – der Schimmelpilz entfernt, der Anstrich erneuert – und das Licht in der Kirche wurde ein ganz anderes. Später wurde der Carrara-Marmor der Ikonostase gründlich gereinigt – und es zeigte sich, dass der Marmor eigentlich weiß und nicht gräulich ist, wie es bis dahin schien. Aber vor dem Hintergrund der nun leuchtend weißen Ikonostase wurde es deutlich, wie sehr die Ikonen der Ikonostase, die dunkel geworden sind deren Goldgrund längst nicht mehr strahlte, einer Restaurierung bedurften.

In der Großen Fastenzeit 2011 begannen die Arbeiten zur Erneuerung der Ikonostase der Kirche. Uns ist es geglückt, mit den beiden Restauratorinnen, Jana Bösenberg und Franziska Wosnitza, zu sprechen; sie sind Spezialistinnen für die Restaurierung von Malerei, Skulpturen und Altären.

Für sie sind die Arbeiten an einer Ikonostase einer orthodoxen Kirche eine erste Erfahrung; bisher haben die beiden Frauen in katholischen und evangelischen Kirchen gearbeitet. 

Die Arbeit eines Restaurators ähnelt in gewisser Weise der Arbeit eines Chirurgen: in beiden Fällen braucht es eine ruhige Hand und ein scharfes Auge, enormes Geschick und eine unglaubliche Geduld. Zu Beginn der Arbeiten wird die gesamte Verschmutzung, die sich über die Jahre auf dem Gemälde oder der Ikone angesammelt hat, entfernt. Dazu werden Lösungsmittel verwandt, die auf den Schmutz wirken, aber dabei die Farben schonen. Überhaupt ist das Ziel einer Reinigung, nicht nur die Verschmutzungen zu entfernen, sondern auch neuere Farbschichten, die man mitunter auf Bildern findet, wenn man in der Vergangenheit versucht hat, bestimmte Partien farblich zu erneuern oder nachzumalen, ohne dabei eine vollumfängliche Restaurierung zu betreiben. Wenn all diese neueren Schichten entfernt worden sind, das Gemälde oder die Ikone abgetrocknet ist, beginnen die Restauratoren, wie Künstler zu arbeiten. Auf einer Palette wird Farbe gemischt, und der Restaurator stellt sorgfältig die Bereiche des Kunstwerks her, welche zum Beispiel abgeplatzt oder durch Reinigung abgescheuert.

Bei den Restaurierungsarbeiten wird keine Ölfarbe verwandt – wie sich herausstellte, dauert es enorm lange, bis diese getrocknet ist und „sich setzt“; dunklere Ölfarben trocknen bis zu 50 Jahre lang nach der Schaffung eines Gemäldes oder einer Ikone. Deshalb benutzen die Restauratoren Tempera- oder Wasserfarben, denn diese trocknen schneller.

Überhaupt ist es wie die Beobachtung eines Wunders, wenn man bei der Arbeit eines Restaurators zusieht. Die Künstlerinnen haben mit Verwunderung berichtet, dass die Ikone des hl. Alexander Newski (das ist an der Ikonostase die äußerste linke) ein vollkommen anderes Aussehen hat, als es auf den ersten Blick schien: der heilige Fürst trägt, wie man nun sieht, ein Kettenhemd, dessen Struktur bis dahin vollkommen von Rußschichten bedeckt war. Wie sich herausstellte, trägt der Erzengel Michael (dargestellt auf der Ikone der Seitentür neben dem hl. Alexander Newski) einen goldenen Schild. Wir haben dabei zugesehen, wie Frau Bösenberg das Antlitz an der Ikone Jesu Christi reinigte – dabei benutzte sie ein Instrument, das an ein Skalpell erinnerte. Mit bewundernswerter Exaktheit hob sie Schichten verrußter Farbe ab, und dabei verklärte und hellte sich das Antlitz Christi immer mehr auf. Von den Schichten der Zeiten befreit, erschienen diese uns so vertrauten Gesichter plötzlich lebendig und erstaunlich wunderbar. Das wahre Talent des Künstlers, der die Ikonostase gestaltete – James Marshall – kann man erst jetzt erkennen, wo die Ikonen praktisch komplett restauriert worden sind.

Welch ein sanftmütiges Gesicht hat die Gottesmutter mit dem Christuskind, wie ernst und leidvoll schaut der heilige Simeon, wie fromm blickt der Erzengel Gabriel, welcher der Gottesmutter die frohe Botschaft überbrachte; wie inbrünstig betend richtet der Apostel Petrus seinen Blick empor. Wie friedlich und verklärt wirken die Antlitze der heiligen Bischöfe Mitrofan von Woronesch und Tichon von Zadonsk, und wie liebevoll schaut Christus auf die Gemeinde!

Die Ikonen der Ikonostase werden wir zu Ostern, wenn die Restaurierungsarbeiten abgeschlossen sein werden, in ihrer ursprünglichen Schönheit bewundern können. Außer der Erneuerung der Ikonen haben die Restauratorinnen ebenfalls noch den Kelch und die Gesetzestafeln – beides Elemente der oberen Ikonenreihe der Ikonostase – vergoldet, ebenso auch das über der Königspforte befindliche Medaillon mit der Taube, die den Heiligen Geist symbolisiert. Momentan beschäftigen sich die Frauen mit der eigentlichen Königspforte – die Schnitzereien werden gereinigt, abgeplatzte Stücken ersetzt, zum Schluss wird die Goldfarbe erneuert.

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Videoaufnahmen von den Arbeiten