Erzbischof Tichon zum Altarfest am 06.06.2018 in der russisch-orthodoxen Kirche Dresden

Am 6. Juni 2018, dem Tag des Gedächtnisses des hl. Simeon, des Styliten vom Wunderbaren Berg, zelebrierte der bischöfliche Leiter der Diözese Berlin und Deutschland, Erzbischof Tichon, die Göttliche Liturgie in der Kirche des Heiligen Simeon vom Wunderbaren Berge in Dresden.

Seiner Exzellenz konzelebrierten Erzpriester Georgi Antonjuk, der Dekan des östlichen Kirchenbezirks, Erzpriester Georgi Dawidow, der Vorsteher der Dresdener Kirche, Protodiakon Witali Sadakow und Diakon Roman Bannack.

Nach der Liturgie fand eine Prozession um die Kirche statt.

Erzpriester Georgi Dawidow wandte sich mit einem Grußwort an den bischöflichen Leiter der Diözese. Er dankte dem Erzbischof für seinen Besuch und die Gelegenheit für das gemeinsame Gebet und unterstrich, dass Erzbischof Tichon in der Zeit, in welcher er der Diözese Berlin und Deutschland vorsteht, bereits die Liebe und Achtung des Klerus und des Gottesvolks für sich gewinnen konnte. Vater Georgi überreichte Seiner Exzellenz als Geschenk ein mit Ikonen der Verkündigung der Gottesmutter und des hl. allrussischen Patriarchen Tichon bemaltes Osterei.

Erzbischof Tichon dankte Vater Georgi für die Grußworte und wandte sich mit seinem erzbischöflichen Hirtenwort an den Klerus und die Gemeindemitglieder:

"Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Lieber Vater Georgi, ich danke für die freundlichen Grußworte, die Sie im Namen des Klerus und des Gottesvolks sagten, im Namen all derer, die zu Ihrer Herde gehören, die Sie geistlich betreuen und zum ewigen Heil führen, indem Sie ihnen durch Ihr Leben und Ihren Dienst ein Beispiel sind. Ich danke für das wertvolle Geschenk: das Osterei mit der Darstellung eines großen Ereignisses - der Verkündigung der Allheiligen Gottesmutter sowie des heiligen allrussischen Patriarchen Tichon, dessen Namen ich nun schon seit fünfundzwanzig Jahren trage, seit ich in den Mönchsstand eingetreten bin. Ebenso herzlich gratuliere ich euch allen, liebe Brüder und Schwestern, zum Altarfest dieser heiligen Kirche, die in Deutschland und außerhalb der Landesgrenzen bekannt ist, und zum Tag des Gedächtnisses an den heiligen Simeon, den Styliten vom Wunderbaren Berg.

Seit der Zeit, als der Heilige Geist auf die Apostel und die mit ihnen befindlichen Jünger Jesu Christi herabfuhr, wirkt Er immerfort in der Kirche. Das Auftreten von heiligen, gottgefälligen Menschen, die von Gott verherrlicht wurden und bereits im Himmelreich triumphieren, ist eine gesegnete Frucht der Kreuzesleiden, des Todes und der Auferstehung des um unseres Heils willen Mensch gewordenen Christus Gottes. Das sind die gesegneten Früchte der Herabkunft des Heiligen Geistes Gottes und Seines Verweilens in der Kirche Christi.

Der Heiligen Gottes gibt es, wie Sterne am Himmel, eine unzählbare Menge. Unter ihnen ist auch der heilige Simeon, der Stylit vom Wunderbaren Berg, dessen Gedächtnis wir heute begehen. Er wurde im Jahr 521 im syrischen Antiochia als Sohn der frommen Eltern Johannes und Martha geboren, er war die Frucht innigen Gebets und Gehorsams. Die Mutter des Heiligen erfüllte vor ihrer Ehe das Gebot Gottes, nämlich ihren Eltern gegenüber gehorsam zu sein und sie zu achten. Ungeachtet ihres eigenen Willens, ihr Leben dem Mönchsstand zu widmen, ist sie auf den Segen ihrer Eltern in den Stand der Ehe eingetreten. Nach einiger Zeit erschien ihr im Gebet der heilige Johannes der Täufer und teilte ihr mit, dass sie einen Sohn zur Welt bringen wird. So passierte es auch. Es wurde ein Junge geboren, der in der heiligen Taufe den Namen Simeon bekam. Er wuchs in einer Atmosphäre der Frömmigkeit, der Liebe und des tiefen Glaubens auf. Seine Vita besagt, dass er es bereits als sechsjähriges Kind liebte, selbständig zum Gebet in die Kirche zu gehen. Zweifelsohne war das häusliche Gebet eine Vorbereitung dazu. Denn in der Kirche beten jene, die zu Hause zu beten gelernt haben und es lernen. Die Kirche ruft jene, denen das häusliche Gebet allein nicht genügt.

Eines Tages, als Simeon in die Kirche gekommen war, gab es ein schreckliches Erdbeben, durch das sein Vater ums Leben kam. Nachdem der Junge die Kirche wieder verließ und sich auf dem Heimweg verirrte, erschien seiner Mutter erneut der heilige Johannes der Täufer und wies ihr den Ort, an dem das Kind sich im Haus einer frommen Frau aufhielt. "Geh und hole ihn", gebot der heilige Johannes der Täufer.

Schon bald begab sich der Junge in die Einöde. Einige Zeit dienten ihm Engel auf wundersame Weise. Dann kam er, vom Heiligen Geist geleitet, in ein Kloster, wo ihn der Abt Johannes aufnahm und der ihn auch ein Jahr später in den Mönchsstand einführte. Der Abt sah für den Jungen eine große Zukunft voraus und erkannte in ihm die Gaben des Heiligen Geistes. Die Askese des heiligen Jungen, der mit dem Segen des Abts auf einer Säule lebte, die ihm zuteil gewordene Gabe, körperliche und geistliche Gebrechen zu heilen, wurden alsbald vielen bekannt. Es strömten Menschen in das Kloster; die einen suchten den Rat des jungen Mönchs, die anderen Heilung, wieder andere baten um seinen Segen.

Der Heilige betete zu Gott, dass ihm der Heilige Geist herabgesandt werde. Sein Gebet wurde erhört, und er wurde erfüllt von der Göttlichen Weisheit, als der Heilige Geist in Gestalt einer brennenden Kerze zu ihm herabkam. Auf Geheiß von Oben verließ der Heilige die Säule, die ihm jahrelang als Ort seiner Askese diente, und begab sich an einen Ort, der Wunderbarer Berg genannt wurde. Hier setzte er seine Askese fort, errichtete ein Kloster und wurde Priester. Im Alter von 75 Jahren, von denen der Heilige 68 Jahre als Stylit lebte, ging er heim zum Herrn und überantwortete Diesem seine Seele und seinen Leib.

Die Vita des heiligen Simeon ist wundersam und von Wundern erfüllt. Aber anders kann es bei den heiligen gottgefälligen Menschen auch gar nicht sein. Wenn wir, liebe Brüder und Schwestern, aufmerksam uns gegenüber wären, so würden wir sehen, dass auch unser Leben voller Wunder ist. Wir sind es einfach nur gewohnt, früh morgens aufzustehen, die Sonne zu sehen, Luft zu atmen. Doch das ist ja nichts anderes als eine Äußerung des Geistes Gottes, durch den alle Schöpfung lebt und sich bewegt. Doch gibt Gott denen, die sich besonders mühen und Ihn innig lieben, besondere Gaben. Zur Zahl dieser Menschen gehört auch der heilige Simeon vom Wunderbaren Berg. Schon von klein auf liebte er das Gebet und den Gehorsam. In fester Entschlossenheit zum Dienst an Gott verbrachte er sein ganzes Leben. Sich um des ewigen Heils willen mühend, kämpfte er gegen seine Leidenschaften und Begierden. Er tat alles für die Läuterung seines Herzens, um nur in der Gnade des Heiligen Geistes zu verweilen. Solch einen Heiligen haben wir als unseren himmlischen Fürsprecher. Er bittet Gott für jeden von uns, die wir in dieses heilige Gotteshaus einkehren, das zu seinen Ehren benannt wurde, für jeden, der ihn in Glauben und Zuversicht im Gebet anruft.

Unsere Zeit ist davon gekennzeichnet, dass in den Menschen die Liebe und das Mitgefühl fehlen oder als gering geachtet werden. Der Heilige hat sich, nachdem er seinen Vater verloren hat, mit seiner gesamten kindlichen Gebetskraft an Gott gewandt, auf dass Dieser seine Eltern der ewigen Heiligtümer als würdig erweise. Sein asketischer Lebensweg lehrt uns, mitfühlend zu sein, zu lieben und in allem unseren Eltern zu gehorchen, und wenn diese zu Gott heimgehen, ihrer im Gebet zu gedenken, ihre Grabstätte zu besuchen, Kerzen für sie zu entzünden und in den Kirchen ihre Namen für das Gebet um ihren Seelenfrieden einzureichen. Und auch jener zu gedenken, denen wir das Leben, unsere Erziehung, die Festigung im Glauben und der Frömmigkeit zu verdanken haben.

Ich beglückwünsche euch alle nochmals zum Altarfest. Die Gebete des heiligen Simeon mögen uns dabei behilflich sein, das ewige Heil zu erlangen. Es heißt, dass man nicht heilig geboren wird, sondern dass man Heiligkeit erlangen muss. Es ist wahrhaftig so. Die gottgefälligen Menschen haben die Heiligkeit auf mannigfaltige Weisen erreicht. Auch wir müssen danach streben. Wir haben ganz dieselben gnadenvollen Mittel dazu, die auch sie hatten. Lasst uns den Heiligen nacheifern, denn gerade darin besteht ja ihre wahrhaftige Verehrung. Amen."

Quelle: rokmp.de

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