Osterbotschaft seiner Heiligkeit, des Patriarchen Kyrill, an die Erzpriester, Hirten, Diakone, die Mönche und Nonnen und alle gläubigen Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche
Im Herrn geliebte hochgeweihte Bischöfe, ehrwürdige Priester und Diakone, ihr gottliebenden Mönche und Nonnen, liebe Brüder und Schwestern!
An diesem gelobten und heiligen Tage, an dem die ganze sichtbare, wie auch die unsichtbare Welt (vgl. Osterkanon) den Fürsten des Lebens und den Bezwinger des Todes verherrlicht, grüße ich euch alle herzlich mit dem Ostergruß:
Christus ist auferstanden!
Von Jahr zu Jahr erklingt triumphierend die gute Nachricht von der Auferstehung und ruft uns dazu auf, den Gott und Heiland zu lobpreisen, der den Tod durch den Tod zertreten und uns zu Teilhabern des kommenden ewigen Lebens gemacht hat.
Indem wir dieses Fest der Feste und diesen größten Triumph begehen, gedenken wir mit einem besonderem geistlichen Gefühl des Erlösungswerkes des Heilandes der Welt, Seiner Kreuzesleiden und Seiner lichten Auferstehung. Pas’cha ist nicht nur irgendeine schöne Legende, es ist keine theoretische Theologie und kein Tribut an einen Volksbrauch, der sich vor ewigen Zeiten herausgebildet hat. Vielmehr handelt es sich dabei um das Wesen und den Kern des Christentums. Es ist jener Sieg, den Gott uns schenkt.
Seit den Zeiten der Apostel und so bis heute predigt die Kirche von der Auferstehung Christi als vom größten Wunder in der Geschichte der Menschheit. Sie spricht von diesem Wunder nicht nur als einem Fakt im Evangelium, sondern - was besonders wichtig ist - von einem schicksalhaften Ereignis für all jene, die sich der österlichen Frohbotschaft öffnen. Dieses Fest steht in ganz unmittelbarer Beziehung zu einem jeden von uns, denn die Auferstehung Christi, die vom Herrn bewirkte Erlösung der gefallenen Welt, ist die größte Freude, die ein Mensch verspüren kann. Wie kompliziert auch immer unser Leben sein mag, in welches alltägliche Mißgeschick wir immer wieder verstrickt sein mögen und welche Not wir auch von den Menschen und von der Unvollkommenheit der uns umgebenden Welt erleiden mögen - all das ist nichts im Vergleich mit jener geistlichen Freude, mit der Hoffnung auf das Heil in Ewigkeit, das Gott uns schenkt.
Nach den Worten des Apostels Paulus wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch unsere sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in uns wohnt (vgl. Röm. 8:11).
Am lichten Tage der Auferstehung Christi sind die Seelen von Millionen von Gläubigen voller Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer, und unser irdisches Dasein bekommt einen echten Sinn. Das Pas’cha Christi ist ein großer Triumph des Lebens, ein Triumph des Sieges über den Tod, ein Ereignis, das Liebe, Frieden und geistliche Verklärung mit sich bringt.
Mit dem Fest der Auferstehung Christi ist es ein jedes Mal, als würden wir ein neues Kapitel unseres Lebens aufschlagen, denn der auferstandene Herr erneuert das menschliche Wesen, er festigt uns in Versuchungen, gibt uns Kraft, gute Werke zu wirken.
Die Osterbotschaft, die den gesamten späteren Verlauf der Weltgeschichte verändert hat, ruft uns zu moralischer Verklärung und geistlicher Erneuerung auf, zu alledem, was die heutige Gesellschaft so bedarf. Sie erinnert alle Menschen an die Ursprünge des Christentums, ebenso auch an das kommende ewige Königreich, wo “Gott alles in allem” (1. Kor. 15:28) sein wird.
In den lichten Tagen der österlichen Freude sind wir dazu gerufen, unsere Freude mit unseren Familien und Nächsten zu teilen, ihnen gegenüber tatkräfte Liebe und Barmherzigkeit zu erweisen. Solcher Art ist die von den Jahrhunderten geheiligte Tradition, derzufolge wir unsere Zugehörigkeit zum Erbe Christi und den Glauben daran, dass der Herr wahrhaftig auferstanden ist, bezeugen.
Die Russische Orthodoxe Kirche vollbringt heute, wie auch früher, ihre Heilsmission, indem sie unermüdlich von Gottes Wahrheit kündet, die unveränderliche Bedeutung der evangelischen Gebote bekräftigt, zu Frieden und Verständigung aufruft, um so der geistlichen Einigung der Völker zu dienen, die in den Ländern der pastoralen Verantwortung des Moskauer Patriarchats leben.
Heute gilt unser besonderes Gebet den Völkern Russlands und der Ukraine, dem, dass Frieden in den Köpfen und Herzen unserer Brüder und Schwestern dem Blute und dem Glauben nach einkehren möge, dass verlorene Verbindungen und die so sehr notwendige Zusammenarbeit wiederhergestellt werden mögen.
Durch die Verkündigung der Liebe Gottes, die alle Erkenntnis übersteigt (vgl. Eph. 3:19) eint das Christentum Menschen und überwindet nationale, kulturelle und staatliche Grenzen, denn das Licht Christi erleuchtet jeden Menschen (vgl. Joh. 1:9).
Der auferstandene Herr möge uns allen gewähren, unseren Lebensweg mit Gewinn für die Seele fortzusetzen, immer eingedenk der hohen christlichen Verantwortung und Berufung, in sich selbst und den Nahestehenden einen festen Glauben, aufrichtige Liebe und unerschütterliche Hoffnung zu schaffen. Die Freude dieses Fests möge euch stärken und zu guten Werken inspirieren, uns inmitten der tosenden Wogen des irdischen Alltags Mut und Kraft verleihen, Ausdauer und Ruhe zu bewahren, Anfechtungen und Versuchungen zu widerstehen und - nach einem Wort des heiligen Sergij von Radonesch - den hasserfüllten Hader dieser Welt zu überwinden.
Das vom lebensspendenden Grabe auferleuchtete Licht des Ruhmes Christi möge mit uns verweilen und in unseren Herzen glänzen, sich auf die Nahen und Fernen erstrecken und auf alle, die unseres Verständnisses und unserer Unterstützung bedürfen.
Ich beglückwünsche euch alle zum großen Fest des heiligen Pas’cha, wünsche euch im Gebet reichhaltige geistliche Gaben, körperliche Stärke und gnadenvolle Hilfe von Oben für den Siegeszug im Gefolge Christi. Amen.
Moskau
Fest der Auferstehung Christi 2014