Dieser deutschsprachige "Auszug aus dem Orthodoxen Katechismus" ist eine Veröffentlichung der Dresdener russisch-orthodoxen Kirche aus dem Jahr 1979. Zur Zeit seiner Veröffentlichung wurde er mit "Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch" markiert.
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TEIL I. Die Sakramente
In allen wichtigen Angelegenheiten seines Lebens pflegt der orthodoxe Christ um die Gnade, also die Kraft und Hilfe des Heiligen Geistes zu bitten, damit sie ihm helfe, daß er erleuchtet und sein Vorhaben gesegnet und geheiligt werde. Die Handlungen, durch die die Kirche uns diese Gnade vermittelt, nennt man Sakramente. Durch die Sakramente erfüllt der Heilige Geist unser Herz mit Liebe, Kraft und Glauben und vermittelt uns den «Segen, den wir für jede besondere Angelegenheit brauchen.
Frage: Wer hat die Sakramente eingesetzt?
Antwort: Die Sakramente sind durch unseren Herrn Jesus Christus eingesetzt worden, entweder durch einen direkten Befehl oder durch Anweisungen an seine Apostel.
Frage: Was braucht man, um die Sakramente gültig zu spenden?
Antwort: Um die Sakramente gültig zu spenden, müssen die Bischöfe und die Priester die vorgeschriebenen Worte sprechen und die vorgeschriebenen Handlungen vollziehen. Auch müssen die vorgeschriebenen Dinge, wie z.B. Wasser, Wein, Brot, Öl usw. vorhanden sein.
Frage: Wer ist berechtigt, die Sakramente zu spenden?
Antwort: Nur die Bischöfe und die Priester. Die Taufe aber kann im Notfall auch von einem Laien gespendet werden, vorausgesetzt, daß dieser Laie ein getaufter Christ ist.
Frage: Was vermitteln die Sakramente?
Antwort: Die Sakramente vermitteln die Gnade des Heiligen Geistes.
Frage: Aus wieviel Teilen besteht jedes Sakrament?
Antwort: Jedes Sakrament besteht aus zwei Teilen, einem sichtbaren und einem unsichtbaren.
Frage: Worin besteht der sichtbare Teil?
Antwort: Der sichtbare Teil des Sakramentes besteht in der Handlung selbst, wobei vom Spender, gegebenenfalls auch vom Empfänger, bestimmte Worte gesprochen und mit bestimmten Dingen bestimmte Handlungen vollzogen werden.
Frage: Worin besteht der unsichtbare Teil?
Antwort: Der unsichtbare Teil besteht im Wirksamwerden des Heiligen Geistes. Er heiligt und erneuert den Gläubigen.
Frage: Vermitteln die Sakramente die Gnade des Heiligen Geistes von selbst, also ohne Zutun?
Antwort: Damit die Sakramente die betreffende Gnade des Heiligen Geistes vermitteln, sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
a) Die Sakramente müssen vorschriftsmäßig gespendet werden;
b) sie müssen von einem dazu berechtigten Bischof oder Priester gespendet werden, außer im Notfall bei der Taufe;
c) der Empfangende muß mit Glaube, Liebe und Ehrfurcht das Sakrament in Anspruch nehmen.
d) Der Gläubige muß sich zum Empfange des Sakramentes entsprechend vorbereitet haben.
Eine Ausnahme von den Voraussetzungen c) und d) wird bei der Taufe der Kleinkinder gemacht; für sie übernimmt der Pate oder die Patin die Verantwortung vor Gott.
Frage: Was geschieht, wenn das Sakrament unwürdig empfangen wird, also ohne Glauben, ohne Gebet, einfach »weil es so Sitte ist«?
Antwort: Ein so empfangenes Sakrament bringt weder Gnade noch Segen. Seine Folgen sind die einer schweren Sünde.
Frage: Woher wissen wir das?
Antwort: Darüber hat der Apostel Paulus in einem Brief an die Gemeinde von Korinth geschrieben, in der viele respektlos die Sakramente empfingen: „Welcher nun unwürdig von diesem Brot ißt, oder von dem Kelch des Herren trinkt, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn.. ., denn welcher so ißt und trinkt, daß er nicht unterscheidet den Leib des Herrn, der ißt und trinkt sich selbst zum Gericht. Darum sind auch viele Schwache und Kranke unter euch und ein gut Teil sind entschlafen“. (1. Kor 11, 27, 29 u. 30)
Frage: Wieviel Sakramente gibt es?
Antwort: Es gibt sieben Sakramente. Diese sind:
Die Taufe
Die Firmung oder Myronsalbung
Die Buße oder Beichte
Die Eucharistie oder: die Kommunion oder: das Heilige Abendmahl
Die Trauung
Die Krankenölung
Die Priesterweihe
Frage: Soll der Christ alle sieben Sakramente in Anspruch nehmen?
Antwort: Für einen erwachsenen Christen sind die ersten vier unbedingt erforderlich, die letzten drei nicht. Kinder brauchen nur die Taufe und die Firmung, später, bis zum Alter von sieben Jahren, noch die Heilige Eucharistie ohne Beichte.
Die Taufe
Frage: Was wissen wir von der Taufe?
Antwort: In der Taufe wird der Mensch durch dreimaliges Untertauchen im Wasser unter Anrufung des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes geistlich wiedergeboren. Er wird zum geistlichen Leben fähig gemacht und an Christus in seiner Kirche angegliedert.
Frage: Wann wurde das Sakrament der Taufe eingesetzt?
Antwort: Als Christus, der Herr, sich taufen ließ und seinen Jüngern befahl, diejenigen, die an ihn glauben werden, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen. Das steht im Evangelium, bei Matthäus 28, 19—20: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe“, und bei Markus, Kap. 16, Vers 16, steht es: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.“
Frage: Kann ein Mensch gerettet werden und nach dem Tode zu Gott kommen, ohne getauft worden zu sein?
Antwort: Nein. Auch das hat Christus ausdrücklich gesagt. Er sprach: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh. 3, 5).
Frage: Was sind die Folgen der Taufe?
Antwort: Durch die Taufe wird der Mensch von der Erbsünde und, falls es sich um einen Erwachsenen handelt, auch von den persönlichen Sünden gereinigt. Durch die Taufe wird der Mensch zum Christen. Er gehört dann sichtbar der Kirche und unsichtbar dem mystischen Leib Christi an.
In der ersten Zeit nach der Gründung der Kirche wurden nur die Erwachsenen getauft, und zwar am Pfingsttag. Sie sollten vorher Religionsunterricht erhalten haben. Im 3. Jahrhundert bestimmte die Kirche, daß auch Kinder und Säuglinge getauft werden sollen, damit sic nicht des Heils verlustig gehen, falls ihnen etwas zustoßen sollte.
Frage: Wie wird die Taufe vollzogen?
Antwort: Während der Taufe taucht der Priester den Täufling dreimal in das Tauf wasser und spricht dabei die Worte: Getauft wird der Diener (die Dienerin) Gottes (Name) im Namen des Vaters — Amen — und des Sohnes — Amen — und des Heiligen Geistes — Amen.“
Vor und nach der Taufe werden bestimmte Gebete gesprochen und Riten vollzogen, wie z. B. eine Salbung mit geweihtem Öl (das ist nicht zu verwechseln mit der Myronsalbung). Vor der Taufe soll der Pate oder die Patin das Glaubensbekenntnis sprechen, dem Teufel entsagen und Christus die Treue geloben. Dies tun der Pate oder die Patin stellvertretend für den Täufling. Die Paten nehmen damit die Verantwortung auf sich, daß der Täufling über die Wahrheit des Glaubens unterrichtet und christlich erzogen wird.
Frage: Wie wird eine Nottaufe vollzogen, wenn ein Säugling krank und kein Priester zur Stelle ist?
Antwort: Im Notfall genügt das Begießen des Kopfes mit dem Taufwasser, wenn die Taufformel richtig gesprochen wird und die ehrliche Absicht zu taufen vorhanden ist.
Frage: Was wird dem Täufling bei der Taufe angelegt?
Antwort: Bei der Taufe wird dem Täufling ein kleines Kreuz an einer Kette oder Kordel um den Hals gehängt. Das Kreuz ist das Wahrzeichen des orthodoxen Christen. Es bezeugt, daß der Getaufte nunmehr dem Herrn Jesus Christus angehört.
Frage: Wie bezeugt der Erwachsene, daß er Christi Kirche angehört?
Antwort: Indem er ein Leibkreuz trägt, wodurch er sich offen zu Christus bekennt.
Frage: Wie soll das Leibkreuz getragen werden?
Antwort: Unter der Wäsche, direkt am Körper.
Frage: Was soll nach einer Nottaufe getan werden, sobald sich dir Möglichkeit dazu bietet?
Antwort: Ein Priester soll die Taufgebete sprechen und die Myronsalbung vollziehen.
Die Myronsalbung oder Firmung
Frage: Was wissen wir von der Myronsalbung?
Antwort: Die Myronsalbung ist das Sakrament, durch welches dem Getauften unter Salbungen mit Myron die Gaben des Heiligen Geistes vermittelt werden.
Frage: Woher wissen wir, daß Christus, der Herr, die Firmung oder Myronsalbung angeordnet hat?
Antwort: Wir wissen es aus der Apostelgeschichte. Allerdings wurde die Firmung zunächst durch Handauflegung der Apostel vorgenommen, wie in der Apostelgeschichte zu lesen ist: „Als die Apostel hörten zu Jerusalem, daß Samarien das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie zu ihnen Petrus und Johannes. Die kamen hinab und beteten für sie, daß sie den Heiligen Geist empfingen. Denn Er war auf keinen von Ihnen herabgekommen, sondern sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten die Apostel die Hände auf sie, und sie empfingen den Heiligen Geist“ (Apg. 8, 14—17).
Später waren es die Nachfolger der Apostel, also die Bischöfe, welche die Handauflegung vollzogen. Als aber die Getauften so zahlreich wurden, daß man sie nicht alle durch Handauflegung firmen konnte, wurde diese Handlung durch Salbung mit Myron ersetzt. Dafür gaben die Bischöfe auch anderen Priestern die Vollmacht, die Firmung zu vollziehen.
Frage: Was ist Myron eigentlich?
Antwort: Myron ist ein wohlriechendes ÖL Es darf nur von einem Bischof, als einem Nachfolger der Apostel, hergestellt werden. Es wird in allen Orthodoxen Ländern am Gründonnerstag von dem kirchlichen Oberhaupt der betreffenden Landes- oder Nationalkirche, assistiert von mehreren Bischöfen, im Laufe einer feierlichen Handlung zubereitet und unter Anrufung des Heiligen Geistes geweiht. Das heilige Myron wird dann den verschiedenen Pfarreien zugeteilt. In Griechenland wird das heilige Myron aus dem ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel bezogen, um die Einigkeit mit diesem altehrwürdigen Patriarchat zu bezeugen.
Frage: Wer ist der Spender der Firmung?
Antwort: Die Firmung darf von jedem Pfarrer innerhalb seiner Pfarrei vollzogen werden.
Frage: Wie wirkt die Firmung oder Myronsalbung?
Antwort: Durch die Firmung werden die Gaben des Heiligen Geistes in die Seele des Getauften als geistige Keime oder Samen hineingesenkt. Sie sollen dann, mit Hilfe der Eltern und Paten, in der jungen Seele wachsen und gedeihen. Freilich können sie später durch Sünden gleichsam erstickt werden, wenn sich der Gesalbte bösen Einflüssen hingibt. Es werden sich aber immer neue Sprößlinge bilden, die helfen, die Sünde zu überwinden.
Frage: Was verleiht uns der Heilige Geist?
Antwort: Er verleiht uns die Fähigkeiten zu den folgenden Tugenden: Glaube, Freude, Frieden, Hoffnung, Liebe, Geduld, Sanftmut und Enthaltsamkeit.
Das Sakrament der Buße
Frage: Was wissen wir über das Sakrament der Buße?
Antwort: Die Buße ist das Sakrament, durch das die Sünden des Beichtenden von Jesus Christus durch die Vermittlung des Priesters vergeben werden.
Frage: Wann ist das Sakrament der Buße eingesetzt worden?
Antwort: Dieses Sakrament wurde von Jesus Christus eingesetzt, als er dem Apostel Petrus bei Cäsarea Philippi und später auch den anderen Aposteln sagte: „Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden, und was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel los sein“ (Matth. 16, 19 u. 18, 18).
Nach seiner Auferstehung wiederholte der Herr diese Vollmacht an seine Apostel, als er ihnen zum ersten Male erschien: „Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten (Joh. 20, 23).
Frage: Wozu wurden diese Sakramente eingesetzt?
Antwort: Auch nach der Taufe begeht der Christ Sünden, die ihn manchmal von der Gemeinschaft mit Gott trennen. In dem Moment aber, wo wir uns über unsere Sünden ärgern, wenn es uns leid tut, sie begangen zu haben und wir Gott deshalb aufrichtig um Verzeihung bitten, dann ist Er auch bereit, uns zu verzeihen. Aber dazu müssen auch wir etwas tun, um unsere Reue und den Willen, diese Sünden nicht mehr begehen zu wollen, zu beweisen. Dafür hat der Herr das Heilige Sakrament der Buße eingesetzt.
Frage: Wieso kann ein Priester Sünden vergeben?
Antwort: Er kann es, weil die Apostel ihre ihnen von Christus gegebene Vollmacht ihren Nachfolgern — den Bischöfen — weitergegeben haben. Und die Bischöfe haben ihre Vollmacht wieder an die Priester weitergeleitet. Aus diesem Anlaß nennt man die Priester auch geistliche Väter.
Frage: Wie soll sich der Beichtende vorbereiten?
Antwort: Bevor der Christ zur Beichte geht, soll er
sorgfältig nachdenken, was für Sünden er getan hat. Das nennt man Gewissensforschung. Dafür nimmt er sich am besten sein Gebetbuch vor, in dem sich ein Beichtspiegel befindet. Ein Schüler sieht in sein Religionsbuch auf die Seiten, die von den zehn Geboten handeln.
Der Beichtende soll sich vorher mit allen Menschen versöhnen, denen er etwas zuleide getan hat, Und allen Menschen vergeben, die ihm Unrecht getan haben. Er soll also keinen Haß und keine Rachsucht fühlen.
Er soll — nicht nur in Worten, sondern und vor allem, im Herzen — seine Sünden nicht nur bereuen, sondern die feste Absicht haben, sie auch nicht zu wiederholen. Wer aber mit dem stillschweigenden Gedanken zur Beichte geht, daß er sich nicht ändern werde, dann wirkt die Beichte so, als ob er Gott betrügen wolle oder das Sakrament nicht ernst nähme. Und das ist eine schwere Sünde.
Frage: Wie geht die Beichte vor sich?
Antwort: Der Beichtende tritt vor den Priester und bekennt ihm alle Sünden, deren er sich seit der letzten Beichte erinnert. Er soll sich dabei dessen bewußt sein, daß er nicht dem Priester, sondern Jesus Christus beichtet, der Priester also nur ein Zeuge ist.
Frage: Was tut jemand, der vor dem Priester bewußt eine Sünde verheimlicht?
Antwort: Er handelt so, als ob er Christus belügen wollte. Ein solches Verhalten macht die Beichte wertlos. Außerdem lädt sich der Beichtende damit eine schwere Sünde auf.
Frage: Kann man die schwerste Sünde beichten, ohne davor Angst zu haben?
Antwort: Ja! Gott verzeiht auch die allerschwersten Sünden, wenn der Mensch ehrlich bereut und die feste Absicht hat, so etwas nicht wieder zu tun.
Frage: Was geschieht aber, wenn der Priester die Sünde, die ihm gebeichtet wurde, anderen Menschen mitteilt, etwa den Eltern, dem Lehrer oder gar der Polizei?
Antwort: Das darf der Priester unter keinen Umständen tun. Wenn er es täte, würde er eine schwöre Sünde begehen. Wer das Beichtgeheimnis bricht, wird vom Priesteramt abgesetzt.
Frage: Was verstehen wir unter „Epitimie“?
Antwort: Wir verstehen darunter die sog. „Buße“. Manchmal muß der Beichtvater dem Beichtenden eine Buße auferlegen, bevor er ihn zur Heiligen Kommunion zuläßt, z. B. um ein Unrecht wieder gut zu machen. Durch diese Buße soll der Beichtende beweisen, daß er seine Sünde ehrlich bereut.
Frage: Was ist dabei zu beachten?
Antwort: Die Buße hat mit der Vergebung der Sünden direkt nichts zu tun. Sie wird angewandt wie eine Arznei, damit der Sündige innerlich geheilt wird. Er soll nicht wieder in Versuchung kommen.
Frage: Was tut er, wenn er die auferlegte Buße nicht erfüllt?
Antwort: Er zeigt damit, daß er keine ernste Absicht hat, sich zu bessern und daß er seine Fehler nicht bereut. Auch in diesem Fall ist die Beichte vergebens gewesen.
Frage: Was spricht der Priester nach der Beichte?
Antwort: Die Lossprechung. Danach sind die Sünden des Beichtenden vergeben. Es bleibt nichts zurück.
Frage: Folgt jeder Beichte die Lossprechung?
Antwort: Nein. Der Priester kann, wenn er es für nötig hält, die Lossprechung aussetzen, wenn er beispielsweise davon überzeugt werden möchte, daß der Beichtende steh wirklich bemüht, sielt zu bessern.
braue Wie oft soll man beichten?
Antwort: Man soll so oll wie möglich beichten. Die Beichte ist für die Seele das Gleiche, wie ein Bad für den Körper. Je öfter man sich badet, desto sauberer bleibt der Körper. Wer sich selten wäscht, bleibt schmutzig und riecht übel. Auch die Seele, die nicht oft von ihren Sünden befreit wird, wird unrein, so daß sich der Mensch schließlich selbst vor der eigenen Seele ekelt.
Die Heilige Eucharistie
„Eucharistie“ bedeutet: „Dankopfer“.
Im Sakrament der heiligen Eucharistie genießt der Gläubige unter der Gestalt von Brot und Wein den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi und vereinigt sich dadurch mit ihm.
Frage: Wer hat die Eucharistie, also das hl. Abendmahl, eingesetzt?
Antwort: Der Herr Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern. Er nahm zuerst das Brot und sprach: „Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird zur Vergebung der Sünden“, dann nahm Er den Kelch und sprach: „Trinket alle daraus, das ist mein Blut, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“. Er sagte ebenfalls: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“.
Fragt: Wer vollzieht das Sakrament der Eucharistie?
Antwort: Die Eucharistie kann nur entweder von einem Bischof oder von einem richtig geweihten und von seinem Bischof beauftragten Priester vollzogen werden.
Frage: Was benötigt man zur Feier der Eucharistie?
Antwort: Brot, Wein und Wasser. Das Brot soll aus reinem Weizen und Salz gebacken werden, der Wein soll Rotwein aus reinen Trauben, also kein Obstwein, sein. In den Wein gießt der amtierende Priester auch ein wenig Wasser, um an das Wasser zu erinnern, das aus der Seite Christi floß, als ein römischer Soldat Ihm eine Lanze ins Herz stieß.
Frage: Was geschieht während der Feier der Eucharistie, die man auch „Göttliche Liturgie“ nennt?
Antwort: Brot und Wein werden zum Leib und zum Blut Christi verwandelt. Wir nennen das Brot, das Leib Christi geworden ist, und den Wein, der Blut Christi geworden ist, die Heiligen Gaben, weil sie die heiligste Gabe Gottes sind, Christus selbst.
Frage: Wie soll sich der Christ zum Empfang der Heiligen Eucharistie (also zur Kommunion oder zum Heiligen Abendmahl) vorbereiten?
Antwort: Man bereitet sich zum Empfang der Heiligen Eucharistie vor:
- durch Beten (im Gebetbuch stehen eigens dafür bestimmte Gebete)
- durch Fasten (man darf von Mitternacht an nichts zu sich nehmen)
- durch Aussöhnung mit allen, denen man Unrecht getan hat. Man darf auch keinen Haß und keine Rachegefühle gegen jene haben, durch die man Unrecht erlitten hat.
- Außerdem muß man aufrichtig gebeichtet und die Lossprechung des Priesters empfangen haben.
Durch dies alles ist der Mensch geläutert und kann ruhig zum Tisch des Herrn gehen.
Frage: Was tut ein Mensch, der unwürdig die Eucharistie empfangen hat?
Antwort: Wer nicht von seinen Sünden gereinigt und ohne hinreichende Vorbereitung die Eucharistie empfängt, versündigt sich gegen den Leib und das Blut Christi.
Darüber hat der Apostel Paulus geschrieben: „Der Mensch prüfe aber sich selbst und so esse er von diesem Brot und trinke von diesem Kelch. Denn welcher also ißt und trinkt, daß er nicht unterscheidet den Leib des Herrn (von gewöhnlichen Speisen und Getränken), der ißt und trinkt sich selbst zum Gericht. Darum sind auch viele Schwache und Kranke unter euch und ein gut Teil sind entschlafen.“ (1. Kor. 11, 27—30).
Frage: Wie oft soll der orthodoxe Christ die Heilige Eucharistie empfangen?
Antwort: Mindestens viermal im Jahr, zu jeder Fastenzeit. Wer es aus triftigen Gründen nicht kann, zumindest einmal im Jahr während der Großen Fastenzeit. Aber, je öfter man kommuniziert, desto besser.
Frage: Warum ist es ratsam, so oft wie möglich die Heilige Eucharistie zu empfangen?
Antwort: Weil die Eucharistie für die Seele das ist, was Speise und Trank für den Körper sind. Sie stärkt die Seele, kräftigt sie, hält sie gesund oder heilt sie, wenn sie schwach oder krank ist. Die ersten Christen empfingen die Eucharistie bei jeder Feier der Göttlichen Liturgie. Leider ist dieser Brauch verloren gegangen, weil sich die meisten Menschen nicht jede Woche würdig zum Empfang der Heiligen Eucharistie vorbereiten können.
Die Kommunion ist nicht eine Belohnung der Tugend, sondern eine Hilfe, um besser der Sünde widerstehen und die Aufgaben des Lebens besser bewältigen zu können. Das häufige Kommunizieren erleuchtet auch den Verstand. Auch dem Körper verschafft sie eine bessere Widerstandskraft gegen Nervosität und Krankheiten.
Frage: Nenne die vier Fastenzeiten.
Antwort: Es sind
- Die sieben Wochen vor Ostern (die große Fastenzeit und die Leidenswoche)
- Das Apostelfasten vom Montag nach dar Pfingstwoche bis zum 29. Juni
- Das Gottesmutterfasten vom 1. bis 15. August
- Das Adventsfasten 40 Tage vor Weihnachten.
Frage: Wann ist. es außer diesen Zeiten besonder« ratsam, die Eucharistie zu empfangen?
Antwort: Wir sollten jedesmal die Eucharistie empfangen, wenn wir fühlen, daß wir aus eigenen Kräften mit einer Lebenslage nicht fertig werden und ganz besonders, wenn wir Kraft für den Kampf gegen eine Sünde brauchen.
Das Heilige Sakrament der Ehe
Frage: Was wissen wir von dem Sakrament der Ehe?
Antwort: Die Ehe ist das Sakrament, durch das Gott selbst das Brautpaar traut, den Ehebund segnet und dem Ehepaar die Gnade wahrer Herzenseinigkeit und wahrer Liebe verleiht sowie die Gnade zur gesegneten Zeugung und christlicher Erziehung ihrer Kinder.
Frage: Wann wurde das Sakrament der Ehe eingesetzt?
Antwort: Die Ehe wurde im Paradies eingesetzt, als Gott das erste Ehepaar segnete und sprach: „Seid fruchtbar und mehret Euch und füllet die Erde und macht sie Euch untertan“. Auch war Christus bei der Hochzeit zu Kana zugegen und wirkte dort sein erstes Wunder. Die Heilige Schrift betrachtet die Ehe als ein heiliges Band und deshalb soll sie dementsprechend geschlossen und geführt werden.
Frage: Wie geht die Eheschließung vor sich?
Antwort: Die Eheschließung zerfällt in zwei Teile, die Verlobung, wenn das Brautpaar die Ringe austauscht und die Krönung.
Frage: Bei welchem Teil wird das Heilige Sakrament der Ehe vollzogen?
Antwort: Bei der Krönung.
Frage: Wie wird das Sakrament gespendet?
Antwort: Zuerst fragt der Priester den Bräutigam: „Hast du, (Name) den guten und ungezwungenen Willen und die feste Absicht, diese (Name), die hier bei dir steht, zur Frau zu nehmen?“ Der Bräutigam antwortet mit „ja“.
Dann fragt der Priester: „Hast Du nicht einem anderen Mädchen die Ehe versprochen?“ Der Bräutigam antwortet: „Nein“!
Dann befragt der Priester in ähnlicher Weise die Braut.
Frage: Was geschieht, wenn die Fragen des Priesters nicht wie oben bezeichnet beantwortet werden?
Antwort: Dann darf der Priester das Paar nicht trauen, bevor die Angelegenheit restlos geklärt und in Ordnung gebracht wird.
Frage: Was liegt vor, wenn in einem Fall gelogen wird?
Antwort: Der Schuldige begeht gleichzeitig einen Meineid und eine schwere Gotteslästerung, weil er, wie bei der unaufrichtigen Beichte, Gott zu betrügen versucht. Eine solche Lüge trennt den Täter vollständig von der Gottesgemeinschaft. Das hat schwere Folgen für seine Ehe und seine Nachkommenschaft.
Frage: Ist durch das Beantworten der Fragen das Sakrament vollzogen?
Antwort: Nein. Das ist nur die Einleitung der Trauung.
Frage: Welche sind die Worte, die eine Ehe gültig machen?
Antwort: Es sind die Worte:
Getraut wird der Diener Gottes (Name) mit der Magd Gottes (Name), getraut wird die Magd Gottes (Name) mit dem Diener Gottes (Name) im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Nachdem mit diesen Worten dem Bräutigam, und der Braut die Kronen aufgesetzt werden, segnet der Priester die Neuvermählten mit den dreimal wiederholten Worten: Herr, unser Gott, kröne sie mit Herrlichkeit und Ehre.
Frage: Was gehört außerdem zur Eheschließung?
Antwort: Verschiedene Gebete, die der Priester spricht, um die Gnade und den Segen des Herrn auf die Neuvermählten und ihre Nachkommenschaft herabzurufen. Es werden auch bestimmte Bibellesungen vollzogen.
Frage: Was gehört außerdem zur Eheschließung?
Antwort: Verschiedene Riten, wie z. B. das Schreiten des Paares um das Analogion herum, wobei der Priester mit dem Kreuz vorangeht, das Zusammenbinden der Hände der Brautleute und anderes mehr. Das alles soll bildlich die Würde der Ehe und die Zusammengehörigkeit der neu gegründeten Ehe darstellen, die nun unter Gottes Segen von der Kirche betreut und geleitet wird.
Frage: Was für eine Bedeutung hat das Bewerfen der Eheleute mit Weizenkörnern und ähnliche Bräuche?
Antwort: Alles, was nach vollzogenem Sakrament der Trauung geschieht, sind Volksbräuche, die je nach Land und Gegend verschieden sind. Sie haben keine religiöse Bedeutung und haben mit dem Vollzug des Sakraments nichts zu tun.
Die Krankenölung
Frage: Was wissen wir vom Sakrament der Heiligen Krankenölung?
Antwort: Die heilige Krankenölung ist das Sakrament, durch welches unter Salbung mit geweihtem Öl über einen Kranken die göttliche Gnade herabgerufen wird die die Krankheit der Seele wie des Körpers heilt.
Frage: Wann und durch wen ist dieses Sakrament eingesetzt werden?
Antwort: Wir wissen nicht, mit welchen Worten und zu welcher Zeit Christus dieses Sakrament eingesetzt hat, aber daß Er es eingesetzt hat, wissen wir aus dem Evangelium nach Markus und aus dem Jakobusbrief.
Frage: Was steht darüber geschrieben?
Antwort: Im 6. Kapitel des Markus-Evangeliums wird berichtet, wie die Apostel auf Christi Geheiß zu Predigten hinauszogen. Sie „trieben böse Geister aus und salbten viele Kranke mit Öl und machten sie gesund“ (Vers 13). Im Jakobus-Brief steht: „Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten (Priester) der Kirche, damit sie über ihn beten und ihn salben mit Öl im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen und der Herr wird ihn auf richten; und wenn er Sünden getan hat, wird ihm vergeben werden.“ (Jak. 5,14-15).
Frage: Was ist bei diesen Bibelstellen besonders zu beachten?
Antwort: Daß da nirgends vom Sterben, sondern nur vom Gesundwerden die Rede ist. Deshalb erachtet die Orthodoxe Kirche dieses Sakrament nicht als Sterbesakrament.
Frage: Was müssen wir vermuten, wenn der Kranke trotz der erhaltenen Ölung nicht gesund wird?
Antwort: Wir müssen den ausdrücklichen Willen Gottes erkennen, daß dieser Kranke aus dem Leben scheidet; doch dürfen wir das nicht als Strafe für seine Sünden ansehen, denn diese sind ja durch das Sakrament vergeben, sondern weil Gott einen Grund hat, diesen Menschen zu sich zu rufen. Es sind aber viele Fälle bekannt, in denen angeblich unheilbar Kranke durch die Heilige Ölung geheilt wurden.
Frage: Soll ein Christ, wenn er krank wird, sich ölen lassen, statt zum Arzt zu gehen?
Antwort: Keineswegs. Die Ölung heilt den Körper durch die Heilung der Seele, denn es gibt viele Krankheiten, die durch die Verunreinigung der Seele durch Sünden verursacht sind. Aber es gibt auch Krankheiten, die nichts mit eigenen Sünden zu tun haben, und diese sollte man vom Körper her heilen. Das ist die natürliche Ordnung. Die Natur ist doch auch Gottes Werk. Man soll also erst den natürlichen Weg gehen, nachdem man zu Gott um Erleuchtung des Arztes und um Erfolg der Behandlung gebetet hat. Erst wenn der Erfolg ausbleibt, soll man durch das Sakrament der Heiligen Krankenölung Gottes Eingreifen direkt erbitten.
Frage: Darf das Sakrament der Krankenölung auch Gesunden gespendet werden?
Antwort: Im üblichen Sinn nicht. Vor einer Operation jedoch darf der Mensch die Krankenölung verlangen.
Frage: Wer spendet das Sakrament der Krankenölung?
Antwort: In der Regel sollen es sieben Priester sein; im Notfall genügt ein einziger.
Die Priesterweihe
Frage: Was wissen wir vom Heiligen Sakrament der Priesterweihe?
Antwort: Die Priesterweihe ist das Sakrament, in welchem der Heilige Geist durch die Handauflegung des Bischofs und die entsprechenden Gebete den dazu gewählten Menschen befähigt, seines heiligen Amtes in der Kirche zu walten.
Frage: Wozu befähigt die Priesterweihe den Priester?
Antwort: Sie befähigt ihn, die Göttliche Liturgie zu feiern, die Sakramente zu spenden und das Wort Gottes zu predigen.
Frage: Wie wurde das Sakrament der Priesterweihe eingesetzt?
Antwort: Die Priesterweihe wurde durch Jesus Christus mit den Worten gestiftet: „Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich euch. Nehmet hin den Heiligen Geist. Wem ihr die Sünden erlassen, dem sind sie erlassen und wem ihr die Sünden behaltet, dem sind sie behalten.“ (Joh. 20, 21—23).
Frage: Wieviel Stufen der Priesterweihe gibt es?
Antwort: Drei: Diakon, Priester, Bischof und zwei Vorstufen: Vorleser und Hypodiakon.
Frage: Was bedeuten die Bezeichnungen: Patriarch, Metropolit, Erzbischof, Archimandrit, Erzpriester und andere?
Antwort: Diese Titel bezeichnen entweder Ämter oder sie sind Ehrentitel. Erzpriester und Erzdiakon sind reine Ehrentitel.
Frage: Wie nennt man die Angehörigen der drei Weihestufen?
Antwort: Man nennt sie: der Klerus oder: die Geistlichkeit.
Frage: Wem gehört in der Kirche das Lehramt?
Antwort: Das eigentliche Lehramt besitzt nur der Bischof. Dieser kann aber seine Priester und sogar Laien aus seiner Diözese mit dem Lehramt betrauen, was er auch immer tut.
Frage: Wer vollzieht die Priesterweihe?
Antwort: Die Priesterweihe darf nur von einem Bischof vollzogen werden.
Frage: Dürfen die Mitglieder des orthodoxen Klerus heiraten?
Antwort: Nur vor ihrer Weihe. Nach der Weihe dürfen sie es nicht mehr, auch wenn sie Witwer werden. Die Bischöfe jedoch sollen ledig oder Witwer sein und dem Mönchsstand an gehören.
Frage: Wozu sind verheiratete Priester und Diakone verpflichtet?
Antwort: Sie sind verpflichtet, eine vorbildliche Ehe zu führen und ihre Kinder christlich zu erziehen, da sie ein Vorbild für ihre Gemeinde sein sollen.
TEIL II. Vom christlichen Leben
Frage: Kann ein Christ dadurch vom ewigen Tode gerettet werden, daß er an Christus glaubt, regelmäßig die Kirche besucht, aber sonst so lebt, wie es ihm eben einfällt?
Antwort: Keinesfalls, denn es spricht der Herr: Es werden nicht alle, die zu mir sagen ,Herr, Herr!**‘ in das Himmelreich eingehen, sondern die den Willen meines Vaters im Himmel tun** (Matth. 7, 12).
Frage: Nach welchen Lebensregeln soll ein Christ leben, um auf Erden vor Unheil und nach dem Tode vor ewigem Leid gerettet zu werden?
Antwort: Nach den Zehn Geboten, die Gott, der Herr, durch den Propheten Moses gegeben hat und nach den Geboten und Weisungen Christi.
Die Zehn Gebote
Frage: Wie lauten die Zehn Gebote?
Antwort: Sie lauten:
Erstes Gebot:
Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst außer mir keine anderen Götter haben.
Zweites Gebot:
Du sollst dir keine Götzen machen, Götzen nicht anbeten und ihnen nicht dienen.
Drittes Gebot:
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht unnütz gebrauchen.
Viertes Gebot:
Gedenke des Ruhetags, daß du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken. Der siebente Tag aber, der Ruhetag, ist der Tag deines Herren.
Fünftes Gebot:
Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf daß es dir wohl gehe und du lange lebst im Lande, das dir der Herr gibt.
Sechstes Gebot:
Du sollst nicht töten.
Siebentes Gebot:
Du sollst nicht die Ehe brechen.
Achtes Gebot:
Du sollst nicht stehlen.
Neuntes Gebot:
Du sollst kein falsches Zeugnis gegen deinen Nächsten ablegen.
Zehntes Gebot:
Laß dir nicht gelüsten nach deines Nächsten Haus. Laß dir nicht gelüsten nach deines Nächsten Weib noch nach all dem, was deinem Nächsten gehört.
Frage: Wie teilen sich die Zehn Gebote ein?
Antwort: Die ersten vier betreffen unsere Beziehungen zu Gott, die folgenden sechs unsere Beziehungen zu unserem Nächsten, das heißt zu den Mitmenschen.
Die Zehn Gebote und die Lehre Christi
Frage: Wie verhalten sich die Zehn Gebote zu der Lehre Christi?
Antwort: Die Zehn Gebote kann man mit einer Fibel oder einem Lesebuch für die 1. Klasse der Volksschule vergleichen, die Lehre Christi aber mit einem Lehrbuch für Studenten. Man kann nicht studieren, wenn man nicht lesen und schreiben gelernt hat, aber es genügt nicht, lesen und schreiben zu können, um ein Studium anzutreten.
Die Zehn Gebote sind also die Grundlage der christlichen Lehre und die Lehre Christi ist wie ein Haus, das auf dieser Grundlage aufgebaut wurde.
Frage: Sind also die Zehn Gebote überholt und sollen sie abgeschafft werden?
Antwort: Nein. Sie können ebenso wenig abgeschafft werden wie das Alphabet. Aber der Herr Jesus Christus hat sie erweitert.
Die Lehre Christi
Frage: Worin besteht die Lehre Christi?
Antwort: Sie wird in folgenden zwei Hauptgeboten zusammengefaßt:
I. Du sollst Gott, deinen Herren, lieben von deinem ganzen Herzen, von deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Verstand und mit deiner ganzen Kraft.
II. Und deinen Nächsten wie dich selbst.
Christus sagt dazu: „An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“.
Frage: Wie ist das zu verstehen?
Antwort: Das erste Hauptgebot faßt die vier ersten Gebote des Alten Testaments zusammen, das zweite Hauptgebot die übrigen sechs. Die Zehn Gebote und die Seligpreisungen sind nur Erläuterungen zu diesen Hauptgeboten.
Frage: Was heißt: den Nächsten wie sich selbst lieben?
Antwort: Christus sagt dazu: „Alles, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten.“ (Matth. 7, 12).
Dazu gehört auch, was die Apostel seiner Zeit den Heiden, die das Christentum angenommen hatten, geschrieben haben: »… und tut den anderen das nicht, was ihr nicht wollt, das man euch tut“.
Frage: Wie heißt diese Anweisung im Volksmund?
Antwort: Was du nicht willst, das man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu.
Die Zehn Gebote in christl. Auslegung
Frage: Wie legt die christliche Lehre das erste Gebot aus?
Antwort: Daß Gott immer an die erste Stelle gesetzt werden soll.
Frage: Wer sündigt gegen das erste Gebot?
Antwort: Wer wegen eines menschlichen Vorteils Gott gleichsam zur Seite schiebt; wer beispielsweise die Kirche versäumt, weil er ausschlafen will; wer am Sonntag arbeitet, weil er zusätzlich verdienen will; wer sich schämt, öffentlich seinen Glauben zu bekennen.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das zweite Gebot aus?
Antwort: Es ist nicht erlaubt, sich einen Ersatz für den wahren Gott zu schaffen, sich also etwa einen Talisman zuzulegen, der vor Unheil schützen oder Glück bringen soll. Jeder Aberglaube ist ein Verstoß gegen das zweite Gebot.
Frage: Ist das Verehren von Ikonen eine Sünde gegen das zweite Gebot?
Antwort: Nein, weil ja nicht das Holz und die Farbe verehrt werden sollen, sondern die dargestellte Person. Die Ikonen sind geweiht und deshalb bezieht sich unsere Verehrung vor allem auf den, von dem die Weihe stammt, also auf Gott.
Fr2ge: Wie legt die christliche Lehre das dritte Gebot aus?
Antwort: Wer gedankenlos den Namen Gottes ausspricht, versündigt sich gegen dieses Gebot. Jedes Spötteln über Gott und die Heiligen, insbesondere auch über die Jungfrau Maria, ist eine Sünde gegen das dritte Gebot.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das vierte Gebot aus?
Antwort: Nach dem vierten Gebot ist jede bezahlte Arbeit und jede schwere Arbeit überhaupt, an Sonn- und kirchlichen Feiertagen verboten. Wenn man wegen einer Arbeit den Kirchenbesuch versäumt, ist die Sünde gegen das vierte Gebot besonders schwer.
Frage: Sündigt gegen das vierte Gebot ein Arzt, der am Sonntag einen Patienten behandelt, bzw. ein Feuerwehrmann, der ein Feuer bekämpft, bzw. ein Zugschaffner, bzw. ein Polizist, der am Sonntag Dienst tut?
Antwort: Nein; das ist Notdienst. Notdienst ist auch an Sonn- und Feiertagen erlaubt. Das hat der Herr Jesus ausdrücklich gesagt.
Frage: Gibt es außer Verboten für den Sonntag auch ein Gebot?
Antwort: Geboten ist an Sonn- und Feiertagen der Besuch des Gottesdienstes.
Frage: Wozu gehen wir in die Kirche?
Antwort: Wir gehen in die Kirche
- um Gott zu ehren und Ihm unsere Liebe zu erweisen
- um Gott zu danken für das, was Er im Laufe der vergangenen Woche für uns getan hat
- um Abbitte zu tun für alles, was wir in der vergangenen Woche Unrechtes getan haben
- um Gottes Segen in der kommenden Woche für uns und unsere Angehörigen zu erbitten
- um teilzunehmen an der Fürbitte, die in der Kirche für die Notleidenden, Kranken und Verstorbenen geleistet wird. Durch diese Teilnahme dürfen wir erwarten, daß unsere Gemeinde auch für uns beten wird, wenn wir es nötig haben.
Frage: Was ist uns an Sonn- und Feiertagen besonders empfohlen?
Antwort: Werke der Nächstenliebe, z. B. Kranke oder vereinsamte Menschen zu besuchen und Ähnliches.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das fünfte Gebot aus?
Antwort: Das fünfte Gebot meint nicht nur den leiblichen Vater und die leibliche Mutter, sondern gebietet, die älteren Menschen zu achten und ihnen, wenn es nötig ist, zu helfen. Auch Lehrer sind damit gemeint.
Frage: Was für besondere Pflichten hat ein Kind den Eltern gegenüber?
Antwort: Es soll für seine verstorbenen Großeltern, Eltern, und Geschwister beten, und zwar sein ganzes Leben lang.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das sechste Gebot aus?
Antwort: Sünde gegen das sechste Gebot ist nicht nur das Töten eines Menschen und der Selbstmord, sondern auch der Haß, die Bosheit, auch die Gefährdung der anderen (z. B. wenn man unvorsichtig fährt oder einem Verunglückten die Hilfe verweigert) und überhaupt jede böse Tat.
Der Herr Jesus hat gelehrt, daß auch das Beleidigen eines Menschen eine Sünde gegen das sechste Gebot ist. Auch Tierquälerei ist eine Sünde gegen das sechste Gebot.
Frage: Welche ist die schwerste Sünde gegen das sechste Gebot?
Antwort: Es ist der Selbstmord. Ein Selbstmörder kann das Seelenheil nicht erlangen. Er hat durch seine Tat sich selbst verdammt. Deshalb betet die Kirche für seine Seele nicht.
Frage: Warum nicht?
Antwort: Mord ist Mord. Ob man einen anderen oder sich selbst ermordet hat, hat man doch Menschenmord begangen. Herr über Leben und Tod ist aber Gott allein, nicht der Mensch!
Fragt: Wenn Gott auch die ganz schweren Sünden vergeben kann, wieso heißt es, daß die Selbstmörder verdammt sind?
Antwort: Gott vergibt nur solchen Menschen, die ihre Sünde bereuen, zu Ihm um Vergebung beten und gerne alles tun möchten, um das Getane wenigstens einigermaßen auszugleichen. Aber wann soll ein Selbstmörder seine Tat bereuen und abbitten, wenn er ja im selben Augenblick stirbt oder zumindest das Bewußtsein halb oder ganz verliert? Nun wissen wir, daß das ewige Schicksal des Menschen im Augenblick des Todes besiegelt wird: Ist er im Glauben an Gott, in der Liebe zu Ihm und in der Hoffnung auf Vergebung gestorben und hat seine Sünden bereut, dann entwickelt sich seine Seele im Jenseits so, daß sie immer reiner und schöner wird, bis sie zuletzt die himmlische Seligkeit erreicht. Stirbt aber ein Mensch als verstockter Sünder, d. h. ohne seine Sünden aufrichtig bereut und um Vergebung gebetet zu haben, oder mit Haß oder Verzweiflung im Herzen (Verzweiflung ist ja auch eine schwere Sünde), dann entwickelt sich seine Seele eben in dieser Richtung, also in Richtung der Hölle (ewiger Qual). Eine Möglichkeit der Umkehr gibt es ja nach dem Tod nicht mehr.
Frage: Darf ein Mensch auch dann nicht Selbstmord begehen, wenn er unheilbar krank geworden ist und dadurch sich und seine Angehörigen zur Last wird?
Antwort: Auch dann darf er es nicht. Gott meint es mit seinen Kindern gut und will keinen Menschen quälen. Wenn Er jemanden leiden läßt, so weiß Er, warum. Im Gleichnis vom „Reichen Mann und Armen Lazarus“ zeigt uns der Herr Jesus, wie ein Mensch, der unvermeidliches Leiden in Geduld trägt, sich schon dadurch die himmlische Seligkeit erwirbt. Angehörige, die das Pflegen des Kranken als „unerträgliche Last“ empfinden, sollten ebenfalls an dieses Gleichnis denken.
Frage: Wird immer jeder Selbstmörder verdammt? Gibt es keine Ausnahmen?
Antwort: Es gibt Ausnahmen. Wenn jemand in geistiger Umnachtung (als Geisteskranker) oder unter Zwang oder bei benebeltem Bewußtsein Selbstmord verübt hat, dann gilt er nicht als verdammt und die Kirche betet für ihn und beerdigt ihn christlich.
Frage: Welche Sünde ist vor Gott ebenso schwer wie Mord?
Antwort: Es ist, wenn man jemanden zum Mord oder Selbstmord verleitet hat.
Frage: Welche Sünde ist dem Selbstmord ähnlich, wenngleich nicht so schwer?
Antwort: Wenn man bewußt seiner Gesundheit schweren Schaden verursacht, z. B durch Trunksucht oder Einnahme von Rauschgift.
Frage: Gibt es noch eine weitere Sünde gegen das sechste Gebot?
Antwort: Ja. Die Schadenfreude.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das siebente Gebot aus?
Antwort: Das siebente Gebot verbietet alle Sünden gegen die Treue in der Ehe, auch gegen die Keuschheit und Reinheit der Seele. Schmutzige Witze, Schamlosigkeiten und alle Taten, deren man sich schämen würde, sie den Eltern zu erzählen.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das achte Gebot aus?
Antwort: Das achte Gebot verbietet, sich zu Unrecht fremdes Eigentum und Geld anzueignen und gestohlenes Gut zu erwerben oder zu verstecken. Dazu gehört auch das mutwillige Nichtbezahlen von Schulden, das Verkaufen von nicht abgezahlten Sachen, Leihen gegen Wucherzinsen, Nichtabliefern von Fundsachen, Unterschlagen von fremden Geldern und „ähnliches.
Frage: Gibt es eine besonders schwere Sünde gegen das achte Gebot?
Antwort: Solche Menschen zu bestehlen, zu betrügen oder zu benachteiligen, die sich nicht dagegen wehren können, wie z. B. alte Leute, Kinder usw.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das neunte Gebot aus?
Antwort: Das neunte Gebot verbietet die Verleumdung, die Lüge, den Betrug und alle Sünden, die mit Lüge, Betrug oder Verleumdung Zusammenhängen. Es verbietet auch die üble Nachrede.
Frage: Was ist „Verleumdung“?
Antwort: Wenn man über einen Menschen unwahre böse Behauptungen macht, die seinem Ansehen, seinem Ruf und seiner Ehre schaden.
Frage: Was ist üble Nachrede?
Antwort: Wenn man über einen Menschen Böses behauptet und dadurch seinem Ansehen, seinem Ruf und seiner Ehre schadet, auch wenn es wahr sein könnte. Man darf überhaupt nicht über andere ohne wichtigen Grund abfällig sprechen..
Frage: Ist es eine Sünde, wenn man vor einem Übeltäter warnt?
Antwort: Das ist keine Sünde, sondern im Gegenteil ein Werk der Nächstenliebe. Das gilt aber nur, wenn man ganz genau weiß, daß der Mensch, vor dem man warnt, wirklich böse Absichten hat.
Frage: Wie legt die christliche Lehre das zehnte Gebot aus?
Antwort: Durch das zehnte Gebot wird jede Art von Neid und alles, was auf Neid zurückzuführen ist, verboten.
Frage: Kannst du Beispiele angeben?
Antwort: Wenn man aus Neid jemandem etwas Böses tut oder wünscht, wenn man einen anderen herabsetzt, um sich selbst hervorzuheben, dann sündigt man gegen das zehnte Gebot.
Frage: Kann man gleichzeitig gegen zwei Gebote sündigen?
Antwort: Ja. Wenn man z. B. durch Betrug Geld erschwindelt, sündigt man gleichzeitig gegen das achte und das neunte Gebot. Wenn man Eltern oder Lehrer anlügt, dann sündigt man gleichzeitig gegen das fünfte und das neunte Gebot.
Die Teufelslaster
Frage: Was bezeichnen wir als Teufelslaster?
Antwort: Hochmut, Haß, Lüge und Schadenfreude.
Frage: Warum nennt man sie so?
Antwort: Weil dies die Grundeigenschaften des Teufels sind.
Frage: Worin unterscheiden sich diese Laster von anderen?
Antwort: Sie sind rein geistige Laster, die der Seele auch nach dem Tode anhaften, wenn sie während des Lebens nicht ausgemerzt werden. Sie ziehen dann die Seele in die Hölle herab.
Frage: Wie kann man sich von diesen Lastern befreien?
Antwort: Man befreit sich von ihnen, wenn man sich fleißig bemüht, mit der Hilfe Gottes dagegen anzukämpfen. Um diese Hilfe soll man beten, dann bekommt man sie immer.
Hochmut vertilgt man durch Demut, Haß durch Liebe und Freundlichkeit, Lüge durch Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, Schadenfreude durch Mitleid und Hilfsbereitschaft.
Frage: Was heißt „seine Feinde lieben“?
Antwort: Man soll ihnen nicht Verdammnis, sondern Seelenheil wünschen. Damit dient man ja auch sich selbst, denn ins Himmelreich können diese Feinde nur kommen, wenn sie auf hören, böse zu sein. Wenn sie aber nicht mehr böse sind, dann sind sie auch keine Feinde mehr.
Frage: Was ist das beste Mittel, einen Feind endgültig los zu werden?
Antwort: Ihn sich zum Freunde zu machen.
Die Seligpreisungen
Frage: Was versteht man unter „Seligpreisungen?“
Antwort: Das sind neun Anweisungen Christi, die den Weg zur Seligkeit zeigen.
Frage: Was bedeutet der Ausdruck „Seligkeit?“
Antwort: Er bedeutet einen Zustand des Glücklichseins und der Freude.
Frage: Wie lautet die erste Seligpreisung?
Antwort: Selig sind die Armen im Geiste, denn das Himmelreich ist ihrer.
Frage: Was bedeutet der Ausdruck „Armen im Geiste?“
Antwort: Damit sind die gemeint, die wissen, daß alles, was sie sind, alles, was sie haben und können, von Gott kommt und ein Geschenk der väterlichen Liebe Gottes ist. Wenn wir leicht lernen, dann deshalb, weil Gott uns Klugheit gegeben hat und wenn wir schwer begreifen, so brauchen wir Gott nur aufrichtig um Erleuchtung zu bitten. Er wird dann unseren Verstand lernfähig machen. Unsere Freude darüber wird um so größer sein.
Frage: Weshalb wird von den Armen im Geiste gesagt, „das Himmelreich ist ihrer“?
Antwort: Wenn ich weiß, daß alles Gute, was mir zukommt, von Gott stammt, dann fühle ich, daß Er wie ein Vater zu mir ist, und ich liebe Ihn als meinen himmlischen Vater. Wer seinen Vater wirklich liebhat, der tut alles, um ihm Freude zu machen und. ihn nicht zu verärgern. Wenn wir uns Gott gegenüber so verhalten, dann kommen wir ins Himmelreich.
Frage: Wie lautet die zweite Seligpreisung?
Antwort: Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.
Frage: Welche „Trauernden“ sind da gemeint? Sind es solche, die immer jammern und unzufrieden sind?
Antwort: Keinesfalls. Immer Jammernde und Unzufriedene sind Gott und den Menschen ein Greuel.
Frage: Von welchen Trauernden ist hier also die Rede?
Antwort: Von solchen, die ihre eigenen und anderer Menschen Sünden betrauern. Sie sind das Gegenteil von Menschen, die sich sagen, „Ich bin halt so, ich kann mich nicht ändern“. Solche Menschen trauern nicht über ihre Sünden. Auch wer sich laut über die Sünden eines anderen empört, hat keinen Anteil an dieser Seligpreisung.
Frage: Was verspricht Jesus Christus den Trauernden?
Antwort: Daß sie getröstet werden. Und das gilt auch von solchen, die einen lieben Verstorbenen betrauern. Auch sie werden getröstet werden, weil sie ihn im Himmel wieder sehen werden, wenn sie immer für ihn gebetet haben.
Frage: Wie lautet die dritte Seligpreisung?
Antwort: Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich ererben.
Frage: Was versteht man unter einem sanftmütigen Menschen?
Antwort: Einen Menschen, der nicht aufbrausend, gewalttätig und rechthaberisch, sondern geduldig und freundlich ist.
Frage: Warum heißt es, „sie werden das Erdreich besitzen“?
Antwort: Das ist eine Prophetie, die sich noch zu erfüllen hat. Es ist aber bekannt, daß die Sanftmütigen mehr ausrichten als solche, die mit Gewalt die Welt erobern wollen und dann doch im Elend untergehen, wie Napoleon oder Hitler. Jesus Christus war der sanftmütigste unter allen Menschen, und doch hat Er durch seine Lehre und sein Beispiel sich Millionen von Menschen untertänig gemacht.
Frage: Wie lautet die vierte Seligpreisung?
Antwort: Selig sind, die hungern und dursten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden!
Frage: Was heißt „hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit“?
Antwort: Damit sind Menschen gemeint, die eine Ungerechtigkeit einfach nicht ertragen können, gleichgültig, wen die Ungerechtigkeit trifft. Selbst ihren schlimmsten Feinden gegenüber empfindet sie eine Ungerechtigkeit als unerträglich. Ein solcher Mensch wird keinem recht geben, der nicht recht hat und auch seinem Feinde nicht unrecht geben, wenn er recht hat.
Frage: Wie nennt Christus solche Menschen?
Antwort: Er nennt sie „selig“, also „glücklich“, weil sie eines Tages sehen werden, wie Gott jedes Unrecht ausgleicht.
Frage: Wie lautet die fünfte Seligpreisung?
Antwort: Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Frage: Was ist „Barmherzigkeit“?
Antwort: Das ist, wenn man sich der Notleidenden erbarmt und ihnen mit allen Mitteln zu helfen versucht. Barmherzig ist auch, wer für die Fehler der anderen Entschuldigungen sucht, wie es die Verteidiger im Gericht für ihre Mandanten (= Auftraggeber oder „Schutzbefohlenen“) tun.
Frage: Was ist das Gegenteil von Barmherzigkeit?
Antwort: Hartherzigkeit. Hartherzig sind solche Menschen, die meinen, die Not der anderen gehe sie nichts an und die ihre Nächsten verurteilen, ohne Entschuldigungen für ihre Fehler zu suchen. Noch schlimmer sind Menschen, die für die guten Taten des Nächsten ungute Gründe suchen.
Frage: Wie teilt man die Werke der Barmherzigkeit ein?
Antwort: In Werke der äußeren und der geistlichen Barmherzigkeit. Äußere Werke der Barmherzigkeit sind; Hilfe für Notleidende, für Verunglückte und überhaupt alles, was man tun kann, um einem Menschen in einer Notlage zu helfen.
Geistliche Werke der Barmherzigkeit sind, wenn man der Seele des Nächsten hilft, z. B. wenn man jemanden von einer bösen Tat abhält, oder ihm einen guten Rat gibt, oder wenn man jemanden, der am Glauben zweifelt, belehrt, auch wenn man für andere betet, wenn man Unrecht verzeiht oder sich mit einem Feind, versöhnt.
Frage: Wie soll man sich verhalten, wenn uns jemand um Geld bittet, von dem wir wissen, daß er es mißbrauchen — z. B. vertrinken oder verspielen wird?
Antwort: Solche Bitten soll man unbedingt abschlagen, denn sonst macht man sich mitschuldig, nicht nur an der Sünde selbst, sondern auch an ihren Folgen, so z. B. wenn er betrunken seine Frau und seine Kinder schlägt oder wenn er durch Spielschulden Leid über seine Familie bringt.
Frage: Was verspricht der Herr Jesus den Barmherzigen?
Antwort: Er verspricht ihnen, daß Gott ebenso barmherzig zu ihnen sein wird, wie sie zu anderen waren. Christus hat gesagt, daß Gott uns so richten wird, wie wir die anderen gerichtet haben. Wenn wir die Fehler unserer Nächsten entschuldigen, wird Gott auch uns unsere Sünden verzeihen.
Frage: Soll man deswegen dem Bösen gegenüber gleichgültig sein?
Antwort: Nein. Die Sünde und böse Taten soll man hassen und verwerfen, aber den Sünder nicht hassen, sondern hoffen, daß er bekehrt wird und aufhört, Böses zu tun. Manche tun Böses nur aus Unkenntnis. Solche Menschen soll man belehren.
Frage: Wie lautet die sechste Seligpreisung?
Antwort: Sie lautet: Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.
Frage: Was bedeutet „reinen Herzens“ sein?
Antwort: Das heißt: das Gute lieben und das Böse hassen, alles Schmutzige und Häßliche verabscheuen, das Schöne, Saubere und Liebe suchen. Wer sich so verhält, beginnt Gott immer mehr zu lieben und sich vom Bösen und somit vom Teufel immer stärker abzuwenden. Wenn der Mensch so eingestellt ist, dann befolgt er die Gebote Gottes nicht unter Zwang, sondern findet es viel schöner, Gott zu dienen, als sich vom Teufel verführen zu lassen.
Frage: Was verspricht Jesus Christus denen, die „reinen Herzens“ sind?
Antwort: Er verspricht, daß sie Gott schauen werden.
Frage: Wie kann man Gott schauen?
Antwort: Während des Lebens auf der Erde bemerkt man deutlich Gottes Wirken. Man bemerkt es bei der Naturbeobachtung und am eigenen Leben. Nach dem Tode aber werden die, die reinen Herzens sind, Gott im Himmelreich so sehen können, wie wir auf Erden die Menschen um uns sehen. Sie werden dann vieles verstehen, was sie auf Erden nicht verstehen können.
Frage: Wie lautet die siebente Seligpreisung?
Antwort: Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Frage: Was ist ein „Friedensstifter“?
Antwort: Das ist ein Mensch, der es versucht, Leute, die in Feindschaft leben, zu versöhnen und der alles tut, um zu Hause, in der Schule, am Arbeitsplatz und in jedem Verein, dem er angehört, Frieden zu erhalten oder zu schaffen.
Frage: Darf man „um des lieben Friedens willen“ Unrecht zulassen, wenn man es verhindern könnte?
Antwort: Nein, denn man würde sich des Unrechts mitschuldig machen. Aber man soll das Unrecht nicht durch Zank und Streit bekämpfen, sondern so freundlich wie möglich sein. Auf diese Weise erreicht man auch am meisten.
Frage: Ist es gegen das Friedensgebot, wenn man beispielsweise Menschen anzeigt, die Kinder oder Tiere mißhandeln?
Antwort: Nein! Wenn man es nicht tut, macht man sich mitschuldig. Allerdings bevor man jemanden anzeigt, soll man versuchen, durch Zureden das Unrecht zu verhindern.
Frage: Was soll man tun, wenn man nicht recht weiß, wie man sich in einem solchen Fall verhalten soll?
Antwort: Man soll sich fragen: „Was würde ich am liebsten von anderen erwarten, wenn mir solch ein Unrecht geschehen würde?“ Und dann soll man das tun, was man am liebsten für sich erwartet hätte. Dann kann man nichts Falsches tun.
Frage: Wieso kann man da nichts Falsches tun?
Antwort: Weil Jesus Christus geboten hat: „Was ihr wollt, daß euch die Leute tun, das tut ihnen auch“ (Luk. 6, 31, Matth. 7, 12).
Frage: Was verspricht der Herr den Friedensstiftern?
Antwort: Daß sie sollen Gottes Kinder heißen. Wenn sie Frieden stiften, haben sie getan, was Christus ihnen vorgemacht hat. Wer aber Gottes Sohn nacheifert, den betrachtet Gott Vater als besonders liebes Kind.
Frage: Wie lautet die achte Seligpreisung?
Antwort: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich.
Frage: Was bedeutet: „um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden“?
Antwort: Wer bei einer bösen Tat oder einer gottwidrigen Handlung nicht mitmachen will und deshalb verfolgt wird, der ist hier gemeint.
Frage: Kannst du Beispiele nennen?
Antwort: Ein Schüler wird gehänselt und beschimpft, weil er einen bösen Streich nicht mitmachen will, oder er wird ausgelacht, weil er zu Hause seinen Eltern geholfen hat, statt mit den Kameraden ins Kino zu gehen. Ein junger Mann wird bedroht, weil er bei einem Diebstahl nicht mitmachen will.
Frage: Was wird den um der Gerechtigkeit willen Verfolgten versprochen?
Antwort: Daß das Himmelreich ihrer ist, daß sie also, wenn siie sich immer um Gerechtigkeit bemühen und dabei niemals nachlassen, die ewige Seligkeit erlangen.
Frage: Wie lautet die neunte Seligpreisung?
Antwort: Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Böses wider euch, wenn sie daran lügen. Seid fröhlich und vergnügt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln.
Frage: Bedeutet die Seligpreisung nicht das gleiche wie die vorhergehende?
Antwort: Nein, hier handelt es sich insbesondere um die Leiden, die man um Christi willen auf sich nimmt.
Frage: Wer ist mit dieser Seligpreisung gemeint?
Antwort: Die Märtyrer und Bekenner.
Frage: Was ist ein „Märtyrer“?
Antwort: Das ist ein Mensch, der wegen seines Glaubens den Tod erleidet. Die höchste Form des Martyriums ist es, wenn jemand, der sich durch Ableugnung seines Glaubens retten könnte, sich lieber das Leben nehmen läßt, als sich von seinem Glauben loszusagen.
Frage: Woher kommt das Wort „Märtyrer“?
Antwort: Es kommt aus dem Griechischen: „μάρτυς“ heißt „Zeuge“.
Frage: Warum nennt man die Glaubenshelden „Zeugen“?
Antwort: Weil sich niemand für etwas Erlogenes oder etwas nicht Gutes töten lassen wird.
Frage: Gibt es heute noch christliche Märtyrer?
Antwort: Ja, es gibt sie auch heute, wie es sie immer gegeben hat. Christenverfolgungen gibt es immer wieder.
Frage: Was bedeutet das Wort „Bekenner“?
Antwort: Ein Bekenner ist ein Mensch, der seines Glaubens wegen dulden muß, aber lieber leidet, als seinen Glauben zu verleugnen.
Nur für innerkirchlichen Dienstgebrauch
1979
Herausgeber
Russische Orthodoxe Kirche zu Dresden